Mittwoch, 28. September 2011

Hochzeitsfieber

Ich bin angekommen - in einem Land, wo jeder entweder gerade heiratet, schwanger ist oder ein Kind bekommen hat. Ja, das kann nur Deutschland sein. Liegt es am Elterngeld? Oder am Alter?

So ist das wohl, wenn die einen mit 32 die Große Freiheit wollen und die anderen ihre persönliche Freiheit mit Kind und Kegel aufgeben. Ähhh, ausleben.

Da ich seit letzter Woche nur noch aus dem Koffer lebe und dessen Inhalt über mehrere Wohnungen verteilt habe (Jacke in Bremen, Fotoapparat in Harburg, ich und mein Laptop in Rahlstedt), kann ich nicht mal ein lustiges Foto hochladen. Kommt aber noch.

Donnerstag, 22. September 2011

Gestrandet in Tversted

Genau jetzt wollte ich eigentlich am mütterlichen Abendbrottisch sitzen und eine liebevoll gestampfte Kartoffelsuppe schlürfen. Und ein Franzbrötchen naschen. Weintrauben liegen auch für mich bereit, wie eine zuverlässige Quelle berichtete.

Tja, schön wär's.

Kaum waren wir heute morgen auf der Autobahn, die Chefin und ich, bekam sie einen Anruf. Ihr 80 Jahre alter Vater war gestürzt und hatte eine schlimme Platzwunde am Kopf. Also alle Mann zurück nach Tversted.

Was einerseits nicht schlecht war, weil wir so die Hunde daran hindern konnten, noch mehr als nur den Brotkorb, das Brot, den Mülleimer und eine Ladung Geschirr zu zerkleinern. Andererseits stellte es sich heraus, dass ich ohne Auto heute nicht mehr zu einer akzeptablen Zeit nach Hamburg kommen würde.

Also fahre ich morgen früh um 4.15 Uhr mit dem Zug los. Viermal werde ich mit meinen drei Koffern und Taschen umsteigen müssen. Mit Glück bin ich dann gegen 14.30 Uhr in meiner Wohnung.

Beileidsbekundungen nehme ich jederzeit entgegen.

Mittwoch, 21. September 2011

Herbstidyll

Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters.

Ergo: Mit Sonne im Herzen kann auch ein Regentag im Herbst gefallen. Zum Beispiel, wenn man im Nieselregen auf seinem Lieblingspferd am Strand reitet. Und die sanften Farben und die Stille genießt. Und das zum vorerst letzten Mal!

Tritla und Táta mit Reiterinnen am Strand von Tversted.


Das Herz will das Lieblingspferd übrigens am liebsten einpacken und mitnehmen, wenn es morgen wieder Richtung Zivilisation geht!

Stattdessen wird es sich einfach an innerliche und reale Sonnenstunden erinnern. So wie hier:


Zugegeben, ein Stoppelfeld piekst. Rückenlage mit Blick in die Wolken ist trotzdem die optimale Position darauf.

Keine Sorge, Zivilisation hin oder her, die Große Freiheit geht natürlich weiter. Nämlich ab Mitte Oktober in der Hauptstadt Europas.

Bis dahin bin ich durchaus geneigt, mich in Hamburg und umzu zum Essen, Tratschen oder beidem zu verabreden.  Und das zu erzählen, was nicht zwischen den Zeilen zu lesen war.

Dienstag, 20. September 2011

Bio kaufen!

Und nochmal Hufe schneiden. Diesmal bei stattlichen 120 Kühen. Bei den Pferden ist die Hochsaison jetzt vorbei, so dass viel Zeit für andere Vierbeiner bleibt.

Und für einige Erkenntnisse: Die 120 Kühe von heute produzieren Bio-Milch. Das heißt, sie dürfen jeden Tag auf die Weide. Sie können sich auf Sand betten. Sie werden nur zwei- statt dreimal täglich gemolken. Sie bekommen kein leistungssteigerndes, sondern natürliches Futter. Sie haben ruhige Augen und gesunde Hufe.

Silage für (vergleichsweise) glückliche Kühe.


Leute, kauft Bio-Milch!

Als Anreiz noch dieses liebreizende Video von der nächsten Generation dänischer Bio-Kühe.





Der Besitzer dieser stimmgewaltigen Tiere ist übrigens ein Sexist.
Als Beweis ein eindeutiger Teil unserer Unterhaltung:

Er: "So you are the cook?"

Ich: "Me? No, I can't cook."

Er: "So you are never going to get married."

My point exactly!

Samstag, 17. September 2011

Cowboys

Mit dem Chef bei der Arbeit. Neben seiner Freizeitbeschäftigung als Pferdezüchter, Hufschmied und Zäunereparierer ist er Huf- und Klauenschneider. Ein Cowboy also!

Gegen eine weitere Assistentin hatten weder er noch sein Helfer Ronny (man nennt ihn auch Meister Propper - und es passt) etwas einzuwenden. So kam ich in den Genuss, beim Hufeschneiden von 50 Kühen zu assistieren.

Der Chef schwingt sich also frühmorgens in seinen stinkenden Jeep, auf dem Anhänger seine, ähhh, wie nennt man das? Kuh-Hebebühne? Das schwere Metallgerät wird im Kuhstall aufgebaut, die Kuh hineingetrieben und mit großen Schlaufen hochgehoben. Manschetten an die Füße, die dann zum Beschneiden auch hochgezogen werden.


Ein mörderischer Apparat, in dem die Kühe sich da festbinden lassen müssen. Begeistert waren sie nicht.


Der Klauenschneider geht mit einer Flex daran, die Hufe zu kürzen und wunde Stellen herauszuschneiden. Dabei blutet es zuweilen ordentlich, viele Kühe scheißen vor Angst, auch kommt hin und wieder Eiter aus dem Huf. Kein Kommentar.

Beim Hufeschneiden fliegen scharfe Hornsplitter durch die Gegend - nicht ganz ungefährlich für alle, die ihr Augenlicht behalten wollen. Der Chef trägt deshalb eine schicke gelbe Schutzbrille, durch die die Welt nach seinen Angaben deutlich fröhlicher aussieht. Guter Trick oder Selbstbetrug?



Meine Aufgabe war es, ständig frische Kühe zur Maschine zu treiben und schriftlich festzuhalten, welche Art von Verletzung welche Kuh am Huf hatte. Nach spätestens 20 Minuten war übrigens alles - die Liste, meine Schuhe, meine Hose, meine Jacke, alles! - voll mit Kuhscheiße.

Je nach Ausmaß des Schmerzes muhen die Kühe, brummen, sabbern oder leiden still. Der Chef sagt aber, dass sie ohne Hufeschneiden deutlich mehr Schmerzen hätten.


Blutende Wunden verbindet der Chef mit schicken picken Bandagen. Kühe sind schließlich auch nur Frauen. Offenbar müssen sie aber unter der Geldgier ihres Besitzers leiden: Der Bauer hat jüngst die Futterrationen erhöht, damit die Kühe mehr Milch geben und drei- statt zweimal täglich gemolken werden können. Weil die Kuh so schwerer wird und mehr laufen muss, werden die Hufe überbelastet und sind laut meinem Chef in deutlich schlechterem Zustand als vorher.


Trendfarbe Pink: Verletzungen am Huf wurden mit Verbänden bandagiert, einige bekamen auch eine Art Schuh als Schutz auf den Huf geklebt.

Arme Viecher! Mein morgendliches Müsli mit Milch werde ich nun mit anderen Augen sehen.

Donnerstag, 15. September 2011

Meira frá Íslandi

Bréf eru alltaf með mér í huga jafnvel. Að þessu sinni voru kvartanir, ég myndi ekki hafa nægilega nákvæmar skýrslur Íslands (veitt kvörtuninni kom frá ákafur Íslendinga horsewoman).

Þess vegna skipulagði ég fljótt stór skýrslu, sem var ætlað að breiðari markhóps - þ.e. um 230.000 hamborgara.

Nákvæm Travel saga birtist á laugardag í ferðast hluta Hamburger Abendblatt!



Mehr aus Island


Leserbriefe werden bei mir ja immer berücksichtigt. Diesmal gab es Klagen, ich hätte nicht ausführlich genug von Island berichtet (zugegeben, die Beschwerde kam von einer begeisterten Isländerreiterin).

Deshalb habe ich schnell einen Bericht organisiert, der sich an eine größere Leserschaft wendet - nämlich ca. 230.000 Hamburger.

Die ausführliche Reisegeschichte erscheint am Samstag im
Hamburger Abendblatt!



P.S.: Dear Sigga, this is the result of the Google translator. I know it is shit!!

Sonntag, 11. September 2011

Herrenbesuch in Echtzeit

Das ist mein schmales Bett. Quasi in Echtzeit: Das Foto ist genau vor einer Minute entstanden. Darin liegt also Jensen und schnarcht. Und wo schlafe ich?

Den Laptop kann ich vorm Schlafengehen aus dem Bett entfernen, den Hund nicht. Wenn der schläft, dann geht gar nichts mehr.

Denn wer jetzt denkt, ich könnte ja wenigstens die Beine lang ausstrecken, der irrt. Am Fußende liegt auch vierbeiniger Herrenbesuch. Nämlich Dackel Ernst, wie immer am liebsten unter der Bettdecke eingemummelt (damit er morgens unauffälliger zum Kopfende hochkriechen kann).

                                                                           

Ein Mulcher...

... ist eine Maschine zum Mähen und gleichzeitigen Zerkleinern des Mähguts.

Das hat Hella korrekt beschrieben und damit ein Eis gewonnen. - Wenn du nach Tversted kommst, kaufe ich dir eins mit zwölf Kugeln an der berühmten blauen Bude am Strand, liebe Ex-Nachbarin! -

Einen TrostprEIS bekommen außerdem Mata, Anne und meine Mutter für ihre Quizbemühungen.

Eis essen am Strand ist übrigens nicht immer das reine Vergnügen. Neulich war es so stürmisch, dass man sich fast waagerecht gegen den Wind stemmen musste, um sich überhaupt bewegen zu können. Die zwölf Kugeln haben wir dann lieber im Auto vertilgt.

Stürmischer als das Wetter sind am Strand von Tversted nur die Hunde.





Samstag, 10. September 2011

Ersatzfamilie

Gruppenbild mit Mulcher (v.l.): Meine Wenigkeit mit Thor, Ernst, Hanna, Jensen und Jens.

So lustig ist das Bauernleben. Außer der Arbeit mit dem Mulcher (das rote Teil, wo die Mädels und Hunde drauf thronen) habe ich mit meiner Tverstedter Ersatzfamilie am Strand tonnenweise Sand geklaut, um die Pfützen auf dem Reitplatz aufzufüllen. Und einen Hundezwinger gebaut. Und sind ausgeritten, haben fein bei McDonald's gespeist und Hummer geknackt... ja, so lustig ist das Bauernleben!

P.S. Wer mir als erster per Email beantwortet, wozu ein Mulcher gut ist, dem spendiere ich beim nächsten Wiedersehen ein Eis!

Dienstag, 6. September 2011

Blutige Begrüßung

Ich bin an meinem Zielort angekommen. Drei Stunden Flug, fünf Stunden Bahnfahrt - dann war ich wieder im guten alten Tversted an der Nordsee.

Zur Begrüßung hat mir Jensen (zur Erinnerung: der Rhodesian Ridgeback) vor Begeisterung eine so heftige Kopfnuss verpasst, dass mir die Lippe aufplatzte.

Hunde sind einfach die besten Freunde der Welt.

Und zwei wahre Prachtexemplare davon liegen jetzt in meinem schmalen Bett und denken gar nicht daran, mir Platz zu machen.

Sonntag, 4. September 2011

Vertrauensselig oder: Das skandinavische Prinzip

Manchmal fühlt man sich als Deutscher im Ausland so richtig schäbig. Zum Beispiel, wenn man dreimal ungläubig nachfragt, ob Haus- und Autotüren wirklich nicht abgeschlossen werden müssen. (Nein, müssen sie nicht. Manche Isländer lassen der Einfachheit halber sogar ihren Schlüssel im Zündschloss stecken, wenn sie parken)

Oder wenn man sich wundert, ob der Busfahrer merken würde, wenn man ihm statt 350 Isländischer Kronen (rund zwei Euro) nur 35 gäbe. Denn er nimmt die Münzen nicht in die Hand, sondern fordert die Fahrgäste auf, das Geld abgezählt in einen Kasten neben dem Fahrersitz zu werfen.

Vertrauensselig kam mir auch vor, dass es im Kino keinen Kartenabreißer gibt. Theoretisch könnte jeder, auch ohne vorher an der Kasse um die Ecke ein Ticket erworben haben, einfach in den Saal gehen.

Warum das keiner tut, hat mir Siggas Freund Helgi aber halbwegs einleuchtend erklärt: "Man bezahlt, damit man kein schlechtes Gewissen bekommt, weil man nicht bezahlt hat!"

Aha. Das ist also das skandinavische (Vertrauens-)Prinzip. Dazu gehört übrigens auch, dass die Toilettennutzung überall gratis ist. Ein Mekka für Blasenschwache und Menschenfreunde!

Samstag, 3. September 2011

Touri-Dasein

Ich will ja niemanden neidisch machen. Aber so ein Hot Tub im Garten ist besser als jede Badewanne. Vor allem nachts bei Regen und mit einem Glas Weißwein.

Soviel zu meinen nächtlichen Aktivitäten. Tagsüber übe ich mich im Dasein eines normalen Touristen, inklusive Museumsbesuch, Essen gehen (indisch - pfui, überall klebt Koriander!) und blöde Fotos machen.

Blick über Reykjavik vom Saga-Museum aus: Es liegt auf einem Hügel und hat eine Kuppel wie der deutsche Bundestag.

Diese sinnbefreite Existenz wird bald ein Ende haben. Ab Mittwoch warten wieder Strohballen, Wassereimer und Pferdeäpfel auf mich. Wo? Überraschung! (Hat sich wie immer kurzfristig ergeben, ich habe erst heute meinen Flug gebucht. Zu einem Spottpreis, Iceland Express sei Dank)

Donnerstag, 1. September 2011

Nachbereitung

Vor der Reittour ist nach der Reittour. Auch wenn die nächste erst im kommenden Jahr - und sehr wahrscheinlich ohne mich - stattfinden wird.

So hat mich mein isländischer Chef Gestur für zwei weitere Tage gebucht, um den Schmutz von geschätzten 3000 Kilometern (insgesamt zwölf Sechs-Tages-Ritten) zu entfernen. Puh.

Vorher:

 20 völlig verdreckte Sättel, 30 Trensen und Nasenriemen sowie 20 Sattelgurte warteten auf Keimfreiheit.


Mittendrin:
 
Mein Arbeitsplatz für zwei Tage: Ein alter Tisch im Stall mit Blick auf grauen Himmel und strömenden Regen, im Radio permanent nervige Talksendungen (auf Isländisch natürlich). Dazu Temperaturen von acht Grad und durchgehend nasse Hände. Ein mittelgutes Arbeitsklima also.
 
Danach:

Nach einer Behandlung erst mit Lederseife und dann mit Öl ist alles fast wie neu!

Nachtrag:

Das Sattelzeug sah nach zwei Tagen Schrubben und Polieren wirklich toll aus. Nur ich glänze nun weniger mit Sauberkeit: Meine einzige Jeans hat Fettflecken, meine Fingernägel sind tiefschwarz und meine Hände so rauh wie die einer Achtzigjährigen.

Und: ich bin jetzt arbeitslos!

Das habe ich heute bei einem Crepe mit Schokolade und Banane in Reykjavik gebührend gefeiert. Und weil es so schön war, gab's zum Nachtisch ein Riesenstück Käsekuchen.


Meine Reitkollegin Anne in dem Reykjaviker Café, das eingerichtet ist wie zuhause bei Großmuttern.