Samstag, 30. Juli 2011

Tversteds bestes Fischrestaurant

Ein Besuch in Tversteds angeblich bestem Fischrestaurant. Die Reservierung für 20 Uhr hat funktioniert. Gut, der Tisch befindet sich direkt neben dem Parkplatz. Die Kellnerin kommt auch erst nach einer Viertelstunde, aber der Laden brummt nunmal und die Bedienungen sind alle maximal volljährig.

N. und K. bestellen das Fisch-Buffett für 25 Euro pro Person. A. entscheidet sich für Fischfilet mit Pommes, für alle zusammen soll es eine Flasche Weißwein geben. Weil N. und K. am Verhungern sind, stürzen sie sich aufs Buffet. A. wartet geduldig. Und wartet. Und wartet. Als sie auf der Toilette verschwindet, steht plötzlich eine fremde Frau neben ihr - die Tür lässt sich nicht abschließen.

20 Minuten später fragt N. nach, wo denn der Wein bliebe. Dienstbeflissen bringt eine junge Kellnerin einen Kübel mit Eis und einer Flasche - Rotwein. N. rennt ihr hinterher und bittet um den bestellten Weißwein.

Zehn Minuten später. N. und K. kommen mit ihrem zweiten Teller vom Buffet, A. erkundigt sich bei der Kellnerin nach ihrem Fischfilet. Zehn Minuten später steht es vor ihr - Besteck hat die Kellnerin leider vergessen. A. stellt sich nicht an und isst mit den Fingern (das Leben auf dem Bauernhof färbt schnell ab).

Es ist 21.08 Uhr, N. will sich einen weiteren Teller vom Buffet holen. Sie kommt mit leeren Händen wieder:  "Das Buffet ist abgeräumt! Die Kellnerin sagt, es gehe immer nur bis 21 Uhr..." Leider hatte keiner darauf hingewiesen. N. und K. verzichten also auf weitere Nahrungsaufnahme, auch wenn der Hauptgang eigentlich noch bevorgestanden hätte.

Gegen 22 Uhr schließt der Laden. N., A. und K. sind die letzten Gäste. Sie winken drei Minuten, bis sie bei der emsigen Kellnerin die Rechnung bestellen können. Das junge Mädchen verschwindet kurz, um dann in gebrochenem Englisch nach der Tischnummer zu fragen.

Als sie wiederkommt, teilt sie mit, dass es ein Problem mit der Kasse gebe. Sie schreibt die Rechnung also von Hand und verschwindet wieder, vermutlich um den Taschenrechner zu bemühen. Dann taucht sie mit dem EC-Gerät auf, das A.s Karte nicht lesen will. Beim dritten Versuch klappt es schließlich.

Trinkgeld gibt es nicht für den "Service" in Tversteds bestem Fischrestaurant.

Freitag, 29. Juli 2011

Feierabend

Nach fünf Stunden auf dem Pferd (pro Tag) schmerzen gewisse Körperteile erheblich.

Ich meine die Druckstelle an meinem Knie, die bei jedem Galoppsprung größer wird. Und die geschätzten 5000 Reiter, die ich in den vergangenen Tagen über den Strand gelotst habe, wollten VIEL galoppieren.

Abends tut mir also alles weh, aber die Taschen meiner Reithosen sind dann wenigstens voll mit Geld. Ich führe hier wirklich ein nützliches und sinnerfülltes Dasein!


Abendstimmung auf der Fohlenweide: Besser abschalten und den Feierabend genießen als mit einem Plastikbecher Rotwein und einem solchen Ausblick geht nicht.

P.S.: Ich bitte alle um Nachsicht, deren Emails ich noch nicht beantwortet habe. Ich freue mich sehr über jede Post, aber die aktuelle Lage auf dem Hof lässt die Bearbeitung leider gerade nicht zu.

Dienstag, 26. Juli 2011

Verstärkung

Die Kinder sind ALLE abgereist! Es herrscht himmlische Ruhe im Bed & Breakfast - kein Türenknallen mehr, keine stundenlange Badblockade, kein gekreischtes "Ihr seid alle so gemein!" um Mitternacht.

Dafür sind neue, äußerst angenehme Gäste angereist: Weibliche Verstärkung aus Bremen. Mit tonnenweise Lebensmitteln im Schlepptau, darunter auch lang vermisste Köstlichkeiten wie Toffifee und Schoko-Crossies. Echt süß.

Die Tversted-Einführung mit Strandspaziergang und Eis haben wir uns natürlich trotz der exzellenten Versorgung mit Kalorien nicht nehmen lassen. Was leider dazu geführt hat, dass mindestens ein paar Stadtschuhe von Sand und Wasser runiert wurden.

Mirjam, Anni, Dini und Ernst hoch über dem Meer in den (nassen) Dünen


Und noch einer ist heute abgereist: Isländer-Wallach Gàski, in den sich Mirjam so verliebt hat, dass sie ihn kurzerhand gekauft und zu sich nach Hause in die Schweiz verschickt hat. Der tapfere Gàski wurde also am heutigen Montag abgeholt und wird am Donnerstag (!) sein neues Zuhause in Bern erreichen - nach einem Umweg über Holland und diverse Orte, wo Pferde ein- und wieder ausgeladen werden.

Das Transportmittel: ein absolut überdimensionierter Pferdehänger, in dem bis zu zehn Tiere transportiert werden können. Gute Fahrt!

Mirjam und Gàski wirken neben dem Riesentransporter geradezu zwergenhaft.

Freitag, 22. Juli 2011

Nervennahrung

Farbenfrohe Belohnung: Ein Glas Rotwein bei Sonnenuntergang am Strand von Tversted.

Meine Freundin Monika aus H. an der E. wies mich vor geraumer Zeit darauf hin, dass die Dienstmädchen früher bei guter Führung ab und an einen halben Tag frei hätten. Das nahm ich zum Anlass, um nach sieben Wochen Arbeit nach einem freien Tag für mich zu fragen. Oder am besten gleich nach zweien, da wieder sehnsüchtig erwarterer Herrenbesuch aus der Heimat anstand.

Dieser war sehr beeindruckt von meiner work performance. Schreiende Kinder, Trubel und Dreck in der Küche, permanent besetzte Badezimmer, Hundehaufen im Hof - was mir mittlerweile normal vorkommt, muss für Außenstehende das reine Tohuwabohu sein. Das Schlimmste aber sind offenbar die vielen, äh, charakterstarken Frauen, die sich gegenseitig ungehemmt ihre Meinung kund tun. Besonders gern ihre Meinung über Abwesende.

"Hast du vorhin gesehen, wie Maria vom Pferd gefallen ist? Die kann überhaupt nicht reiten!"

"Völlig unverantwortlich, mit den Kindern am Strand zu reiten! Das konnte ja nicht gut gehen."

"So schlecht erzogene Hunde habe ich noch nie erlebt. Da geht die gute Erziehung von unserem Yuma ja gleich flöten..."

"Dass die Kinder von Annuschka immer so laut herumschreien müssen - und dieses ständige Geknalle mit den Türen!"

"Monika ist der totale Kontrollfreak. Kein Wunder, dass ihre Tochter so verschüchtert ist!"

Und so weiter und so fort.

Da hilft nur eins: dem ganzen Zirkus den Rücken zu kehren und am Strand ein Glas Rotwein als Nervennahrung zu sich zu nehmen (siehe oben).

Donnerstag, 21. Juli 2011

Chaostage

Zeit ist Geld - vor allem, wenn die Hochsaison nur wenige Wochen dauert. Also werden so viele Reittouren wie möglich angesetzt, der Hof wimmelt den ganzen Tag von Leuten und wenn man fünf Minuten Mittagspause hat, kann man von Glück reden.

Die einen wollen lange reiten, die anderen nur kurz, die einen schnell, die anderen langsam, die einen wollen Pony führen und die nächsten wollen die Lebensgeschichten aller Pferde hören. Und zwischendrin gießt es wie aus Kübeln - und zwar grundsätzlich dann, wenn gerade alle gesattelt haben und aufsteigen wollen. Nervig!

So wie gestern nachmittag, als um 16 Uhr zwei Reittouren geplant waren. Schon nach zehn Metern wurde mir klar, dass meine Lieblingsstute Tritla lahmt. Der ganze Trupp kehrte um und ich holte missmutig ein anderes Pferd von der Weide. Kaum war das gesattelt, ging der Wolkenbruch los. Also zurück in den Stall, zumal es hinter der dunklen Regenwand bedrohlich grummelte. Als es wieder hell wurde, waren die Reitgäste schon so durchnässt, dass keiner mehr aufs Pferd wollte.

Meine Lieblingsstute hätte die Nacht eigentlich in der Box verbringen sollen. Das fand sie so unheimlich, dass sie trotz ihrer ohnehin lahmen Beine die Wand hochging und wir sie abends mit beiden Vorderbeinen über der Boxwand vorfanden! Jetzt steht sie wieder bei den anderen auf der Weide und ich kühle ihr alle paar Stunden das geschwollene Bein mit Wasser.

Die Boxwand ist etwa schulterhoch, konnte Tritla aber nur mit Mühe an der Flucht hindern. Selbst für Pferdekenner ist es ein äußerst ungewohnter Anblick, dass ein Pferd mit beiden Vorderbeinen über einer Wand festhängt.

Der ausgefallene Drei-Stunden-Ritt wurde heute morgen nachgeholt - im schönsten Sonnenschein. Allerdings nicht ohne Zwischenfälle: Beim Losreiten lahmte schon wieder ein Pferd, so dass allmählich die Ressourcen knapp werden. Mit kostbaren Rohstoffen wie Hufen und Beinen darf man eben nicht verschwenderisch umgehen.

Die Schonzeit fängt allerdings wohl frühestens Ende August an...

Freitag, 15. Juli 2011

Sunshine

Life is good when the sun shines - even my lovely new shower gel knows that simple truth. (With thanks to Vera who made sure I'll always smell adorable!)


Clever shower gel: "Life is good when the sun shines", it says on the bottle.

By that definition the prospects for good life in Tversted are depressing: We have to face rain and 19 degrees for the next four days. I could offer the "Tversted dagenbladed" a story about suffering ice cream and bikini traders. If I can remember some abilities of my former life as a reporter.

Or I could write an essay about the beauty of nature while you galopp along the sea. About wild waves trying to conquer the beach, fog hovering over the dunes, fine spray of water in the air, you hear nothing except the waves and the hooves on the wet ground...

Life can also be good when the sun doesn't shine.

Wassereinfluss

Es regnet und regnet und regnet und... Das Rauschen draußen hat aber durchaus etwas Erfreuliches, denn ich muss heute nacht NICHT im Bett liegen, bibbern und hoffen, dass die Zeltwände wasserdicht sind. Stattdessen habe ich mein altes Zimmer wieder bezogen.

Wie luxuriös so ein Zehn-Quadratmeter-Raum plötzlich erscheinen kann! Es gibt darin sogar elektrisches Licht! Und die Matratze hängt nicht durch wie eine Hängematte! Und direkt nebenan ist eine Toilette!

Dafür steht morgen früh wieder eine unluxuriöse Reitstunde an, vermutlich wie heute unter Wassereinfluss. Ähnlich geht es auch dem Flur, der plötzlich unter Wasser stand, nachdem ich KURZ geduscht hatte.

Naja, für meine Verhältnisse war es zumindest kurz.

P.S.: Aber was schreibe ich hier übers Wetter: Der Tag war recht dramatisch. Es begann damit, dass die neue Babykatze vom Heuboden fiel und fast von den Hunden gefressen worden wäre. Sie konnte aber von der anderen Aushilfe gerettet werden, die selbst Trost brauchte, weil sie Streit mit ihrem Freund und deshalb die Nacht im Auto verbracht hatte. Dann wollte die Hälfte der angemeldeten Reiter plötzlich nicht mehr aufs Pferd, weil es so windig war. Dann riss sich dieselbe Stute dreimal los und rannte zur Weide zurück. Später verbrachte ich die einzige Regenpause damit, einen passenden Sattelgurt für ein dickes Pferd zu finden. Als die Kinder schließlich aufsteigen konnten, fiel es so stark an zu schütten, dass sie nicht mehr reiten wollten. Halleluja!

Danach gab es aber zwei  kulinarische Lichtblicke: Ein dankbarer Vater schenkte mir eine Flasche Rotwein, weil ich seine Tochter im Regen unterrichtet hatte. Und eine fürsorgliche Mutter, die im Bed & Breakfast wohnt, wärmte mir nach getaner Arbeit ihre (leckeren!) Essensreste auf. Ich glaube, ich bin adoptiert.

P.P.S.: Jetzt habe ich schon wieder fast nur übers Wetter geschrieben. Es ist einfach elementar, wenn man den ganzen Tag draußen ist...

Mittwoch, 13. Juli 2011

Ausquartiert

Uaah, es tippt sich so schlecht im Liegen, aber ich wurde meines Tisches beraubt. Nicht nur das, ich wurde auch meines Zimmers beraubt. Dafür habe ich aber einen neuen Mitbewohner.

Mein neuer Mitbewohner (Hase) in meinem neuen Zuhause (Zelt).

Der neue Mann an meiner Seite heißt Stampe, also wie die dänische Version vom Hasen Klopfer in "Bambi". (Der Name schreibt sich garantiert anders, spricht sich aber genauso aus.) Eines Tages brachte der Chef ihn mit und scherzt seitdem, dass er sich im Winter einen schönen Angora-Pulli aus seinem Fell schneidern will.

Ich hoffe jedenfalls, dass das ein Scherz ist.

Eigentlich wohnt Stampe aber nicht hier im Zelt. Er leistet mir nur Gesellschaft, solange ich ausquartiert bin. Denn das Bed & Breakfast ist überbucht und zahlende Gäste haben Vorrang vor der schwer schuftenden Belegschaft. Absurderweise sind die Gäste bis jetzt nicht aufgetaucht - aber ich habe wenig Lust, meinen kompletten Hausrat zurück zu bugsieren. Zumal das Klappbett nicht bedeutend unbequemer aussieht als mein Stockbett drinnen.

Außerdem versucht sich Stampe gerade im gestreckten Galopp und dazu ist in meinem Zimmer zu wenig Platz. Bleibt nur zu hoffen, dass dieses Zelt wasserdicht ist und mich der Fuchs in Ruhe lässt.

Montag, 11. Juli 2011

Feier- und Trauertag

Der Chef hat Geburtstag, er wird 39 plus. Wie nun schon seit einem Jahrzehnt. Das muss natürlich gefeiert werden - und zwar mit Erdbeeren und Sahne in Form einer Torte.

Süßer geht's nicht mehr: Eine typische dänische Geburtstagstorte. Vor nationalen Symbolen hat hier keiner Angst.

Ausgerechnet an diesem Feiertag passiert dann das Unfassbare: Die Hunde entwickeln sich zu Massenmördern. Aus irgendeinem Grund ist das Eichhörnchenbaby aus seinem Käfig entwischt, den es bislang mit dem Kanarienvogel teilte. Der Chef ließ es ziehen, er hatte ohnehin beschlossen, ihm bald die Freiheit wiederzugeben.

Drei Stunden später liegt es tot im Garten. Irgendein größeres Raubtier hat wohl mal wieder zugeschlagen - und Dackel Ernst war es diesmal nicht, das kann ich persönlich bezeugen. Möge das Eichhörnchen in Frieden ruhen.

Schnappschuss aus besseren Zeiten: Damals war Eichhörnen Nells noch am Leben und der Vogel hatte einen Kameraden. Wenn ich jetzt Photoshop hätte, würde ich einen dicken schwarzen Rahmen um das Bild ziehen.



Gäbe es eine Trauerrede für Nells, würde ich folgende Anekdote erzählen:

Eines Abends, als die Chefin für vier Tage in Deutschland weilte, kommt der Chef plötzlich mit einem Vogelkäfig aus dem Haus. Ich hatte ihn noch nie zuvor gesehen, da ich das Privathaus nur selten betrete. Der Chef stellt den Käfig auf dem Gartentisch ab und füllt frische Körner in die Schalen.

Plötzlich stutzt er. "Where is Nells?", ruft er.

Ich: "Who is Nells?"

Er: "Oh no, I have lost Nells! He's not in there any more!"

Ich: "Who the hell is Nells???"

Er: "I must have lost him in the bedroom! He could be anywhere in the house now!"

Am nächsten Abend, die Chefin ist immer noch nicht zurück. Der Chef kommt mit einem roten Fellknäuel aus dem Haus und präsentiert mir Nells, das Eichhörnchenbaby.

Chef grinst: "You know where I found him? In the wardrobe, on a pile of clothes."

Ich: "Did he destroy anything or leave any dirt?"

Er: "Well, I don't dare check... You know, he's had this bad diarrhea (Durchfall) last week... Do you think we should tell her?"

Nein, die Chefin sollte davon lieber nichts erfahren. Wir haben bis zum heutigen Tag Stillschweigen bewahrt und gehofft, dass Nells im Falle des Falles nur Spuren auf dem Rücken ihrer Pullover hinterlassen hat.

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Trotz dieses Trauerfalls (er war noch so jung) muss ich zugeben, dass die Torte exzellent geschmeckt hat.

Kerzen und Fahnen, mehr ist vom Geburtstagsschmaus nicht übrig geblieben.

Donnerstag, 7. Juli 2011

Tragischer Nachtrag

Ich habe gerade zwei Pferdeleben gerettet. Während ich in meinem Zimmer mit Jugendherberg-Charme auf dem Bett lag und meinen Blog mit Bildern von Essen und Hunden befüllte, ging draußen plötzlich lautes Hufgetrappel los. Wildes Galoppieren, Runde um Runde. Eine ganze Weile habe ich es ignoriert, aber nach etwa einer halben Stunde ging mir auf, dass das kein Pferdespiel sein konnte.

Tatsächlich herrschte auf der Isländerweide Krieg. Die ganze Herde jagte zwei größere Paso-Stuten, die erst etwa eine Stunde zuvor dazu gestellt worden waren. Die beiden Leithammel hatten je eine Stute in eine Ecke gedrängt und rasten mit angelegten Ohren und zum Biss geöffneten Mäulern den panisch fliehenden Damen hinterher - buchstäblich mit gebleckten Zähnen.

Als ich mich aus meiner Schockstarre gelöst hatte, rannte ich zur Essensgesellschaft, die immer noch im Hof saß. Dort konnte man tatsächlich nichts von dem aufgeregten Hufgetrappel hören. Mit vereinten Kräften schafften wir es schließlich, die Herde von den Stuten abzubringen.

Die beiden Opfer stehen nun in einer Box. Schweißüberströmt, mit Bisswunden und sichtlich traumatisiert. Die ganze Nacht hätte das sicher keine der beiden überstanden.

Ja, hier ist was los in Tversted!

Mittwoch, 6. Juli 2011

S3 nach Tversted

Noch fährt sie nur von Stade bis Pinneberg. Nach "Große Freiheit 32"-Informationen wird aber im Hamburger Senat derzeit diskutiert, die S3-Strecke bis nach Tversted auszuweiten. Der Balkan-Express soll dann zum nördlichsten Punkt des europäischen Festlands führen.

Dann könnt Ihr alle reinspringen und mit einem einfachen HVV-Ticket für 2,65 Euro herkommen! Zimmer sind fast den ganzen Sommer über noch frei und ab ca. 40 Euro zu haben. Für Leute, die ich besonders mag, handele ich mit der Hofbesitzerin auch einen Rabatt aus.

Und es wird sich lohnen. Auch für Nichtreiter, die den Strand lieber zu Fuß oder im Auto unsicher machen. So lassen sich auch die Zwölf-Kugel-Eiswaffeln besser vertilgen (siehe Post "Familienausflug"). Auch auf dem Hof wird Gastfreundschaft großgeschrieben: Heute abend, nach einem Sechs-Stunden-Ritt mit zehn Pferden, wurden einfach die Tische zusammengeschoben und jeder hat etwas zum Essen beigetragen.


Bunte Gaumenfreuden: Nudeln in selbst gesammelten Pilzen zu Karottensalat mit Ananas zu Salat mit Erdbeeren, Weintrauben, Wurzeln und Äpfeln zu einem Glas Sauvignon Blanc und Wasser. Als Vorspeise gab's Knäckebrot mit Krabben und Tomaten in einem würzigen Dip, zum Nachtisch verbrannte Würstchen.


Und so fröhlich ging es am Tisch zu:

Wie bereits beschrieben lassen Jensens Tischmanieren etwas zu wünschen übrig.


Und so ging es unter dem Tisch zu:

Blacky hat mit ihren tiefblauen Augen beim Betteln besonders gute Karten. Die anderen vier setzen ihre Reize aber auch geschickt ein.


Ihr seht, es gibt viele Gründe, nach Tversted zu kommen! Selbst wenn nicht mit der S3, sondern mit einer alten Karre. Einen Wehrmutstropfen gibt es allerdings für Tierhaar-Allergiker: Sie müssen tapfer sein. Wir können nicht alle Pferde epilieren lassen. Das würde einfach zu lange dauern. Dann ist der Sommer vorbei und die S3 fährt vielleicht schon in den hohen Norden.

Dienstag, 5. Juli 2011

Verwunschen

Zu was so ein Regentag doch alles gut ist:

- den Sonnenbrand vom Vortag auszukurieren (trotz Lichtschutzfaktor 20)
- mit den anderen Bed-and-Breakfast-Gästen DVDs über die unzähligen Gangpferde-Rassen zu gucken
- das neue Kaninchen im Garten vorm Absaufen zu retten
- endlich ausführlich mit meinem Tantchen in London telefonieren zu können (zum Glück gibt es weitere Arbeitslose/nicht Berufstätige außer mir)
- mal keine Wassertröge auffüllen zu müssen
- mal mittags auf dem Bett zu liegen und zu lesen
- mal mittags auf dem Bett einzudösen
- sich von netten Gästen zum Essen einladen zu lassen
- zu erkennen, dass Geld sogar am Ende der Welt regiert (auch ein Ausritt im Regen muss sein, wenn die Kunden es wünschen)
- abends, wenn der Regen aufhört und eine neblige Suppe die Sicht klaut, verwunschene Fotos zu machen


Meine bevorzugte Pferdestärke Tritla am Seerosenteich

Eigentlich war ich nur noch einmal rausgegangen, um den Hühnerstall zu schließen. Ist schließlich traumatisch genug, wenn die armen Viecher tagsüber massakriert werden. Den Fuchs brauchen sie nachts nicht auch noch.

Aus dem Gang zum Hühnerstall wurde dann ein längerer Spaziergang über alle Weiden. Stille kann beeindruckend laut sein, wenn nur eine einzelne Möwe hin und wieder am Himmel kreischt. Da fängt man automatisch an zu flüstern.

Tritla aus der Froschperspektive: Nachdem ich beim Reiten immer von oben auf ihren kleinen Dickschädel heruntersehe, fand ich es nur fair, das nach Feierabend mal umgekehrt zu machen.

Montag, 4. Juli 2011

Bloody fall-back

Here comes another post for my blog community in England and Iceland:

Oh no! It has happened again - there is a dead rooster on a horse field. You don't want to see it so I won't add any photos.

And it's all my fault. For two reasons: As I am a little supersticious I am convinced it only happened because I complimented Ernst earlier (in my last post, for those who can read German). I should have knocked on wood, if that saying exists in English.

And there's another reason: I have been wishing the rooster dead a couple of times when he woke me up around five in the morning... You should always be careful with your wishes.

That is not the only scary experience tonight. I took the car to bring water to horses on a field about ten kilometres away. As the dogs love to drive in a car, I took Ernst and Jensen with me. They had to stay in the car while I was filling up water, though. When I wanted to get back in, Jensen had locked the car from the inside - by stepping on the lock button with his big paws. All the doors were locked and the key was still in the car!

I was SO glad I had left one window open.

Lebensart am Flughafen

Ein Nachtrag zu meinem gestrigen Exkurs über deutsch-dänische Lebensarten: Dass die Skandinavier Geschmack haben, lässt sich besonders gut beim Vergleich der Flughäfen Kopenhagen und Frankfurt feststellen.

Während in Frankfurt außer den Menschenmassen nichts besonders in Auge sticht, ist der Kopenhagener "Lufthavn" geradezu eine Augenweide: Hohe Decken, dunkler Holzfußboden und lässige Cafés wie das "Joe and the Juice", wo ich unverschämte Summen für einen Himbeer-Bananen-Shake und ein Avocado-Sandwich gelassen habe. Jeweils auf dem Hin- und auf dem Rückweg natürlich.

Bei "Joe and the Juice" war der Andrang so groß, dass man zehn Minuten auf seinen frischen Saft warten musste. Dafür wurde man dann aber mit Namen ausgerufen.

Dies ist nicht das Gaudi-Haus in Barcelona, sondern Architektur à la Kopenhagen Airport.

Für Scandinavian Airways habe ich allerdings kein Lob übrig. Mein Rückflug von Frankfurt nach Kopenhagen war eine Stunde verspätet, so dass ich den Weiterflug nach Aalborg in den dänischen Norden verpasst habe. Der nächste Flug, auf den ich dann umgebucht wurde, war wieder eine Stunde verspätet, so dass ich in Aalborg Zug und Bus verpasst habe.

Letzterer fuhr dann gar nicht mehr, so dass ich 40 Euro für ein Taxi nach Tversted hätte berappen müssen. Zum Glück war meine Chefin froh, dass ich wieder da war und hat mich vom Bahnhof abgeholt.

Wieder am Hof angekommen, wusste ich auch, warum ich dem Team so gefehlt habe: Wegen des guten Wetters hatten die Pferde sämtliche Wassertröge leergesoffen...

Sonntag, 3. Juli 2011

Deutsch-dänische Lebensart

Handelsblatt, SZ, FAS, WamS, BamS, Bild, sogar das gute alte Hamburger Abendblatt - ich habe sie am Wochenende alle gelesen. Alle! Ein schlimmer Rückfall in meine frühere Existenz als Nachrichten-Abhängige.

Die vielen gedruckten Buchstaben sind allerdings nicht der Grund für mein langes Schweigen hier im Blog. Sondern nur eine Begleiterscheinung meiner Wochenend-Aktivitäten, die mich zweimal zum Frankfurter Flughafen führten. Da lagen die Blätter alle umsonst aus und ich konnte mich nicht beherrschen.

Von Freitag bis Sonntag stand nämlich Familientreffen in Adelsheim an. Adelsheim ist ein Dörfchen in Baden-Württemberg, ca. eine Stunde von Würzburg entfernt, wo meine Großeltern lange gelebt und meine Mutter ihre ersten Lebensjahre verbracht hat. Und ich viele schöne Stunden meiner Kindheit mit Großeltern, Onkeln, Tanten und Cousinen.

Abgesehen von einem traurigen Besuch am Grab meiner Großeltern ging es am Wochenende beim Adelsheimer Volksfest sehr fröhlich zu:


Nahezu vollzählig waren die 5400 Einwohner Adelsheims beim Festumzug mit Blaskapelle (bitte Video anklicken!) dabei.




Beim Fassanstich auf dem Festplatz würdigte der Bürgermeister meine Familie übrigens ausdrücklich und lobte unsere weite Anreise aus den Metropolen Paris, Brüssel, Barcelona, Bonn, Hamburg - ja, und natürlich der Weltstadt Tversted!

Die süddeutsche Lebensart ist aber bei Bier und Brezeln nicht nur gemütlich, sondern hat auch eine künstlerische Seite. Das bewies die Adelsheimer Künstlergemeinde bei der nächtlichen Veranstaltung "Adelsheim leuchtet", die ich niemandem vorenthalten will:





Angeleuchtete Skulpturen, verschiedenste Lichteffekte und Videoinstallationen tauchten den Adelsheimer Schlossgarten in ein ganz besonderes Licht. Als Kleinkind soll ich dort übrigens an der Hand meiner Großmutter die Gräfin gefragt haben, ob sie eine Königin sei. Ich war schon immer von Macht und Geld fasziniert (deshalb arbeite ich jetzt auch quasi umsonst als Mädchen für alles).

Auch die dänische Lebensart hat mich vergangene Woche mehrfach staunen lassen: Die Dänen sind nicht nur herzliche Gastgeber, sondern ebenso wie die Norddeutschen Gelegenheitsgriller. Das heißt, sie grillen bei jeder Gelegenheit. Und nicht nur langweiliges Fleisch oder Fisch, sondern auch Süßigkeiten.

Während der Pfannkuchen in der Pfanne einfach nur fest werden soll, sind Marshmellows eine Kunst: Sie müssen gerade so weit erhitzen, dass sie außen karamellisieren und innen cremig werden.

Fasziniert hat mich auch ein traditionelles Gericht namens Koldskal. Übersetzt heißt das Kalte Schale und besteht aus dickflüssiger Milch mit runden Keksen drin, die allen Dänen als Kammerjunkere bekannt sind und köstlich schmecken. Das Ganze lässt sich wahlweise mit Früchten wie Erdbeeren oder Wassermelone kombinieren. Erfrischend!

P.S. Aufgrund mehrfacher Nachfragen möchte ich noch versichern, dass Hühnermörder Ernst keinen Hausarrest mehr hat. Es gab auch keine weiteren Todesfälle. Er zeigt aber immer noch erhöhtes Interesse am Federvieh und steht deshalb unter verschärfter Beobachtung - ebenso wie sein Kumpel Jensen, den man IMMER gut beobachten muss. Kein Pasta-Teller, keine Milchtüte, nicht einmal Wurzeln sind sonst vor ihm sicher. Vermutlich ist er der am wenigsten erzogene Hund in ganz Dänemark.

Ernst (l.) und Jensen drehen sogar dem Grillplatz mit Marshmellow-Duft ihre Rücken zu, um den fernen Hühnerstall im Blick zu behalten.