Dienstag, 30. August 2011

Island-Impressionen

Manchmal sind Bilder einfach wirkungsvoller als Worte:

Zwei bis drei Stunden reiten, dann eine halbe Stunde Pause: Die Herde ruht sich auf einem Pferde-Rastplatz mitten in einer Landschaft aus Felsen und Ascheböden aus.

Bei einer Herde von 65 Tieren können die Reiter ihr Pferd zwei- bis zu dreimal am Tag wechseln - so werden dank des hohen Tempos Strecken von bis zu 55 Kilometern pro Tag zurückgelegt.
Je länger die Tour dauert, desto schwieriger wird es, die Pferde einzufangen. Bei einigen braucht es drei Mann, um das Tier in eine Ecke zu treiben. Klingt brutal, wirkt in Island aber ganz natürlich. Das Pferd ist hier mehr Arbeitsgerät als Haustier.


Die Islandpferde sind unglaublich zäh und trittsicher. Hohe Berge, steile Abhänge, tiefer Sand oder Felsbrocken auf dem Weg - kaum ein Pferd ist je gestolpert oder gar hingefallen. Für europäische Reiter ein Aha-Erlebnis!

Pferde-Parkplatz in einem von der Natur aus Steinen gefertigtem Paddock.

Auch der Untergrund war ein reines Lava-Feld mit unzähligen Spalten und Löchern im Boden.

Einsamer geht's nicht mehr: Mitten in den Highlands lag ein vollkommen unberührt wirkender See.

Unsere Unterkünfte: Holzhäuser in den Bergen, die weder Strom noch warmes Wasser bieten. Die Ecke nennt sich Landmannahetlir (Land, Mensch, Höhle), weil Reiter früher in einer nahegelegenen Höhle Schutz gesucht haben.

Heutzutage kommen in die Gegend vor allem Reiter, aber auch der ein oder andere Bus mit Touristen.

Ihr Ziel: der natürliche heiße Pool hinter einer hohen Bergkette, Landmannalaugar (Land, Mensch, Pool) genannt.

Sonntag, 28. August 2011

Atemberaubend

Die Autorin mit ihrem Lieblingspferd auf einem jüngst erklommenen Berg.
 
Ich bin immer noch atemlos. Von 250 Kilometern auf dem Pferderücken durch unfassbar schöne, rauhe, unwirtliche und gespenstische Landschaften. Ach was, ich meine Lavafelder, Geröllhaufen, Aschebecken und weiteres, was man sich als Normalsterblicher als unüberwindbar vorstellt.

Mehr Infos und Fotos morgen auf Große Freitheit 32 - ich muss meine müden Knochen erst einmal ausstrecken, bevor ich Fotos aussuchen und Anekdoten erzählen kann.

Soviel vorab: Ab und an stockte mir auch vor Schreck der Atem. Meist aber war die Tour atemberaubend schön.

Sonntag, 21. August 2011

Knapp überlebt

Die erste Tour, der sogenannte Golden Circle, ist überstanden. Ich habe mit Glück überlebt - ich wünschte, das wäre nur so dahin gesagt, aber dazu später mehr.

Die Highlights auf insgesamt 150 Kilometern mit insgesamt 50 Pferden:


Gigantische Weite, herrliche Ausblicke auf Himmel und Berge, menschenleere Straßen (oder auch keine Straßen)...

... stundenlange Ritte hinter der Herde durch die Highlands, über Hügel und Berge, durch Flüsse und Seen...

... und zwar die meiste Zeit im schnellen Tölt.

Stehenbleiben gibt's nur bei Naturereignissen wie Gulfoss, dem Goldenen Wasserfall...
 
... wo man ausnahmsweise sogar andere Menschen trifft...


... die sich für unsere Pferde (hier im Pferdeparkplatz bei Gulfoss) sehr interessieren.

Die Islandpferde sind eine Attraktion für sich...

... vor allem mein Lieblingsexemplar Grevi, ein bildschöner brauner Wallach mit Wahnsinnsbewegungen und liebenswertem Gemüt (hier unser Schatten im Tölt).


Der Geysir Strokkur bricht ca. alle zehn Minuten aus, wie vom Zimmerfenster unseres Hotels bestens zu beobachten war.

150 Kilometer in sechs Tagen - klingt immens, ist aber für jemanden mit zehn Wochen Reittraining in Dänemark durchaus zu machen.

Viel größer als die physische Herausforderung aber war die psychische: Die Dynamik einer Herde ist nicht zu unterschätzen. Vor allem beim Überqueren der Berge in Richtung Heimat kann das Ganze leicht außer Kontrolle geraten - was dazu führte, dass ich mitsamt Pferd um ein Haar von einem Kliff gestürzt wäre. Die Herde hatte den vordersten Reiter einfach im Galopp überholt.

Ich bin quasi in letzter Sekunde abgesprungen und dann ca. fünf Kilometer zu Fuß durch die Highlands marschiert, bis mich jemand mit Handpferd eingesammelt hat. Die Reitgäste hatten die Berge zum Glück in sicherer Entfernung von der Herde im Schritt überquert.

Ich bin immer noch dabei, mich von dem Schock zu erholen... aber freue mich auch schon ein bisschen auf die nächste Tour: 250 Kilometer in sechs Tagen!
 

Donnerstag, 18. August 2011

Grenzenlose Freiheit

Hiermit sind die Grenzen des Internets bestätigt. Denn egal wie viele Fotos ich in diesem Blog poste oder wie viele schwärmerische Ausdrücke ich verwende: Island muss man mit eigenen Augen gesehen haben!

Um diesen Blog nicht völlig ad absurdum zu führen, werde ich trotzdem versuchen, einen Eindruck zu vermitteln. Also los:

Hoffnungsloses Unterfangen: Ein bis zwei Reiter versuchen, eine Herde von 30 freilaufenden Pferden in Bewegung zu halten.

Mein Job: hinter der Herde von etwa 30 freilaufenden Pferden herzureiten und sie daran zu hindern, Unfug zu machen.

Die Erfolgschancen: gering. Denn irgendeiner beschließt immer, auszureißen, eigenmächtig die Straße zu überqueren oder einfach stehenzubleiben, um zu grasen. Davon lassen sich die anderen dann gern anstecken.

Ich brülle mir also den ganzen Tag die Kehle wund, um die Viecher anzutreiben. Zum Glück versteht hier niemand die vielen deutschen Schimpfwörter, die unkontrolliert aus meinem Mund kommen.


So soll es nicht sein: Die halbe Herde läuft auf der Bundesstraße, wo reichlich Autos verkehren.

Das Prinzip: Wir reiten etwa zwei Stunden im strammen Tölt (oder Galopp, falls ich ein loses Pferd einholen muss), dann werden die Pferde in kleine Paddocks getrieben, die alle paar Kilometer am Straßenrand stehen. Pferdeparkplätze quasi.


Mein Schimmel war vom Ritt so begeistert, dass er mir auf dem Pferdeparkplatz die Zähne zeigt.

Nach einer kurzen Pause geht der Chef in die Herde und greift neue Pferde heraus. Trense rauf, Sattel drauf, weiter geht's mit einem frischen reitbaren Untersatz. Romantische Tätigkeiten wie Putzen oder Hufe auskratzen sind hier nicht angesagt.

Dafür aber beste Ausblicke und ein Gefühl grenzenloser Freiheit...


Ein kurzer Halt am Fluss, um die Pferde trinken zu lassen...

... mündet für mich in die Herausforderung, sie mit lautem Gekreische von Wasser und Gras wieder wegzujagen.

Nach 30 munteren Kilometern an einer Bundesstraße inklusive Baustellen, Lastwagen und vielen fotografierenden Touristen erreichten wir schließlich die Highlands. Dort gab es endlich ein Badezimmer. Der Blick in den Spiegel war allerdings gruselig.


Reiten macht nicht nur müde und hungrig, sondern auch sehr, sehr schmutzig.



Zum Hintergrund: Wer sich als aufmerksamer Leser wundert, dass ich schon wieder im Internet rumhänge: Meine Informationen zur Tour waren nicht ganz vollständig. Wir schlafen nur die kommenden beiden Nächte in Unterkünften in den Bergen. Gestern und heute sind wir abends wieder nach Hause gefahren, nur die Reittouristen haben am Zielort übernachtet.



Dienstag, 16. August 2011

Hufe scharren

Ich darf mich ab jetzt offiziell Pferdeflüsterin nennen. Jedenfalls habe ich in den vergangenen zwei Tagen auf gefühlte 200 Pferde eingeflüstert, damit sie beim Beschlagen stillstehen. Ich glaube, ich könnte jetzt selbst so ein Hufeisen draufhämmern.

Pferdedame Ara (ausgesprochen: Aura - sehr passend, oder?) bekommt von Hofbesitzer Gestur neue Eisen verpasst.

Jetzt sind die Pferde alle frisch beschlagen, die Trensen geölt, die Taschen gepackt. Selbst die Suppe für die amerikanischen Touristen steht bereit.

Ich scheine allerdings die einzige zu sein, die hier mit den Hufen scharrt, damit es endlich losgeht. (Kein Wunder, für die isländische Familie ist das ihr Arbeitsalltag)

Die Isländer wissen, wie's geht: Ausruhen, solange man die Gelegenheit dazu hat.


P.S. Der Laptop passt nicht in die Satteltaschen und WLAN ist in den Bergen wohl auch nicht sehr verbreitet. Die kommenden sechs Tage werde ich also vermutlich offline sein... um dann hoffentlich mit vielen Fotos, Videos und Berichten mein Schweigen wieder gutzumachen.

Montag, 15. August 2011

Kauderwelsch

Haha, hab' mir gerade das Kleingedruckte auf meinem Flugticket von Iceland Express zu Gemüte geführt. Ein hanebüchenes Kauderwelsch, das wohl einfach durch den Google-Übersetzer gegangen ist.

Selbstverständlich werde ich diesen Spaß meiner Leserschaft nicht vorenthalten:

Der Wagen und andere Dienstleistungen, die durch die Fördermaschine erbracht werden, sind abhängig von Zuständen des Wagens, die hiermit durch Hinweis enthalten werden. Diese Bedingungen können von der herausgebenfördermaschine erreicht werden. Das Reise /der Empfang setzt die „Passagierkarte “ im Sinne Artikels 3 der Montreal Versammlung fest, außer wo die Fördermaschine an den Passagier ein anderes Dokument übereinstimmend mit den Anforderungen von Artikel 3. liefert.

Ganz offensichtlich sind die Flugtickets von Iceland Express deshalb so günstig, weil sich das Unternehmen keinen seriösen Übersetzer leistet.


In the middle of nowhere

Time to give this blog the international touch it deserves:

It's a miracle. I can hardly believe I have finally arrived on this horse farm in Iceland. Forget everything I told you about the place and its owner, forget the link that I posted on Saturday - that was the website of a totally different farm.

So here is what happened: In my emails I never asked Gestur, my new Icelandic boss, to give me his address. I just took it from the website that I had googled, using the name of the farm. The address was kind of vague, like "on the eastern banks of torsa river, between the towns selfoss and hella". But Sigga said, no problem, we'll find it.

And we did. Just it wasn't the farm where Gestur and his horses lived. The two farms nearly have the same names, just one letter is different. Luckily the woman knew Gesturs farm and could explain how to get there. I was so glad it was just around the corner - it could also have been at the other end of Iceland! So now, knowing I had browsed the wrong website all the time, I really had NO idea what to expect.


When this Icelandic Spitz said hello to us, I felt relieved: People, who have nice dogs, are usually nice themselves.
In the middle of nowhere: Kalfholl farm, beware: this is NOT Kalfholt farm and doesn't have a website.

So in the end it turned out that this place is much smaller than I had expected. It's two parents with their three grown-up sons that offer multiple-day-tours to foreign tourists. Apparently a very nice family (I deduct that because they feed me well, talk to me nicely, gave me a soft bed and gentle horses to ride).

They have many, many, many beautiful horses. And they all need new shoes (Hufeisen) before we can go on tour tomorrow. So that's my job until tomorrow: calming horses while Gestur hammers on their hooves.

About 30 Icelandic horses are still waiting for new shoes.


Six days of riding through the highlands with 13 American tourists lie ahead of me. Hurray!

Sonntag, 14. August 2011

Buntes Wiedersehen

Lieber Stammtisch, Ihr werdet es nicht glauben: Ich habe die alten Gummistiefel wieder, die Ihr mir damals zum Abschied vor dem England-Jahr geschenkt habt! Ja, die guten geblümten von Tchibo!

Farbenfroh, praktisch, wasserdicht: Fünf Jahre lang habe ich diese diskreten Gummistiefel entbehren müssen.


Als ich Sigga fragte, ob sie mir Gummistiefel leihen könnte, zauberte sie sie aus ihrer vollgemüllten Garage hervor. Ich habe sie sofort wiedererkannt. Schließlich habe ich mich lange Jahre immer wieder gefragt, was aus Ihnen geworden ist...

Jetzt weiß ich es: Als ich im Frühjahr 2006 im englischen Bournemouth von Siggas Couch in ein neues WG-Zimmer gezogen bin, muss ich sie bei ihr vergessen haben. Offenbar haben sie dann unfreiwillig Siggas Umzug nach Island mitgemacht. Naja, ich bin froh, dass meine Füße jetzt wieder trocken bleiben.

Denn mein anderes Paar Gummistiefel aus Sylt, das mir in Tversted exzellente Dienste geleistet hat, ist heute nachmittag nach Hamburg gereist: Eine Augsburgerin, die in Tversted Urlaub gemacht hat, hat sich netterweise all der Klamotten angenommen, die nicht mehr in meinen Koffer passten. Sie dürften sich jetzt vor meiner Wohnungstür stapeln und auf Einlass warten.

Vielen Dank nochmal für den Abstecher nach Harburg, Inga!

Samstag, 13. August 2011

Kaffee statt Pferde

Man lernt ja nie aus. So bin ich in Island also von einer Reittourleiterin zur Kellnerin geworden. Nein, halt, da ich die einzige Bedienung in Siggas neuem Café war, kann ich mich wohl Gastronomie-Managerin nennen. Kaffeekochen zu Saxophon-Musik, das hat was.




Die Chefin und Besitzerin selbst war aushäusig, da sie ein Date mit ihrem Freund hatte. Die Isländer leben eben nicht, um zu arbeiten, sondern umgekehrt - beziehungsweise, sie lassen arbeiten.

Aber für Kost und Logis habe ich schon deutlich mehr geschuftet. Und ich gebe zu, in diesem traumhaften Ambiente kann man gern mal den Nachmittag verbringen...

Das Café bietet den perfekten Blick auf den Sonnenuntergang von Gardabaer, einem kleinen Ort bei Reykjavik.

Ein bisschen Erholung habe ich mir auch verdient, bevor es am Sonntag ENDLICH wieder raus zu den Pferden geht. Mit meinen neuen Arbeitgebern vom Hof Kalfholt habe ich bisher genau fünf Emails ausgetauscht und drei Minuten per Handy telefoniert.

Ich habe also keine Ahnung, worauf ich mich einlasse. Aber es wird bestimmt toll!

Donnerstag, 11. August 2011

Richtig angekommen

Himmel, Pferde, wunderschoene Landschaft - viel mehr braucht der gemeine Island-Tourist nicht zum Glueck. 


Hier bin ich richtig. Das ist der erste Gedanke, wenn man als Pferdefreund aus dem Flugzeug steigt und im Flughafen mit solchen Werbeplakaten konfrontiert wird. Wahrscheinlich kommt mindestens jeder zweite Passagier von Icelandair zum Reiten nach Island.

Allerdings kann man sich auch ohne Pferd im hohen Norden ausgezeichnet amuesieren. Das Wetter ist fuer islaendische Verhaeltnisse fantastisch: 15 Grad und Sonnenschein, nur ein paar unschuldige Schaefchenwolken zieren den blauen Himmel.

Und wenn man einen Hot Tub im Garten hat, dann ist die Temperatur ohnehin egal. So fuehrte mich mein erster Weg in den Privatpool meiner Freundin Sigga. In ihrem bescheidenen Garten.

Eine heisse Quelle und ein Glas eiskalter Wein - so kann man sich bestens akklimatisieren.

Der Weisswein war bereits gekuehlt.  Im Gegensatz zum Wasser im Pool - bevor jemand dort hineinsteigt, muss erst getestet werden, ob es nicht zu heiss ist. So ist das in einem Land, wo das Wasser fast kochend aus dem Hahn schiesst und manuell abgekuehlt werden muss. Dafuer riecht es auch ordentlich nach faulen Eiern!

Insgesamt laesst sich das islaendische Lebensgefuehl mit einem weiteren Bild zusammenfassen, das ich am Flughafen geschossen habe:

Frei wie ein Vogel- das ist die Botschaft, die dieses Werbeplakat fuer mich ausstrahlt.


Mittwoch, 10. August 2011

Kurz vorm Abflug

So, ich mache nen Abflug. Irgendwie habe ich es geschafft, mein Hab und Gut in einen grossen Koffer zu quetschen und damit zum Flughafen nach Aalborg zu kommen. Vorm Check-in war ich doch etwas nervoes: Der Koffer war sauschwer und tatsaechlich zeigte die Waage satte 26 Kilo an. Der Angestellte von Iceland Express blieb aber sehr hoeflich und klebte kommentarlos einen roten Aufkleber mit dem Hinweis auf Uebergewicht an den Koffer. Extra bezahlen musste ich aber nicht, die Skandinavier sind doch ein freundliches Volk.

Jetzt sitze ich im Internetcafé im Flughafen und verdraenge die Gedanken an die traurigen Hundeaugen, als die Autotuer zuschlug. (Pferde sind zum Glueck nicht so sentimental) Zum Abschied wurde mir sogar ein selbstgebackener Kuchen serviert, schnueff.

Fuer Traenen hatte ich allerdings keine Zeit, da ich heute morgen noch schnell meine saemtlichen Reitsachen waschen und desinfizieren musste. Die Pferde in Island sind schliesslich nicht geimpft. So muss jeder laut Gesetz Schuhe und Kleidung nach strengen Regeln von Keimen und Viren befreien.

Montag, 8. August 2011

Abschiedsschmerz

Heute nacht hatten wir einen flotten Dreier, Ernst, Jensen und ich. Nein, Hunde gehören nicht ins Bett und ja, ein Rhodesian Ridgeback ist viel zu groß für eine Matratze mit 80 Zentimetern Breite. Aber diesen beiden Charmeuren ist einfach nicht zu widerstehen!

Eigentlich sollte Jensen ja vor meinem Bett schlafen, wo ich ihm ein gemütliches Lager gebaut hatte. Aber kaum war ich eingeschlafen, kam der Anschlag: Auf mir lag ein Hund mit geschätzten 50 Kilo Lebendgewicht. Dass für mich kaum Platz blieb, war kein Argument.

Schließlich konnten wir uns darauf einigen, dass er sich ans Fußende verzog - allerdings nahm er auch dort den größten Teil des Bettes ein. Zumal Dackel Ernst derweil die Gunst der Stunde genutzt hatte und bis zum Kopfkissen hochgerobbt war.

In verkrampfter Embryonalstellung wachte ich also morgens wieder auf.

Flotter Dreier: Ernst und Jensen liegen beide auf meinen Beinen. Genießer Jensen lässt sich gleichzeitig von mir kraulen und von Ernst den Kopf ablecken - ein Hundeleben!






Diese beiden werden mir so fehlen! Nur noch zwei Nächte, in denen sie mich tyrannisieren können - denn am Mittwoch geht die Große Freiheit weiter. Auf nach Island, auf die Insel aus Feuer und Eis, ins Ursprungsland meiner Lieblingspferderasse.

Ganz kurzfristig habe ich von einem isländischen Pferdehof das lang ersehnte Jobangebot bekommen: Zwei sechstägige Wanderritte zu begleiten, die vom Südosten Islands ins Hochland führen. Ein absolutes Highlight für jeden Isländer-Fan - wenn auch sicherlich eine körperliche Herausforderung. Zum Glück habe ich in den vergangenen zwei Monaten reichlich Muskeln, Kondition und Sitzfleisch aufgebaut.

For my English community:

Please don't send me any more parcels, gifts and flowers to Denmark. On Wednesday I'll leave the country and fly to Iceland where I am supposed to ride with tourists into the mountains. I can't wait to finally see Sigga again - and to see the origin of my favourite horse breed. Can't promise any regular posts because I don't think they have broadband up in the mountains. 


Vertrauter Anblick: Die Pferde unter mir und meinen Reitkollegen werden weiterhin klein, stark und stur sein (Isländer eben). Statt durch die dänische Dünenlandschaft werde ich die kommenden Wochen aber über Geröllhaufen reiten.

Sonntag, 7. August 2011

Alltagsfreuden

Ich möchte nicht, dass der Eindruck entsteht, eine Heuernte (siehe voriger Post) wäre etwas besonders Anstrengendes. Im Gegenteil, ich habe mich sogar richtig drauf gefreut. Endlich mal den Nachmittag einfach nur herumstehen und schwere Dinge heben müssen!

Denn der übliche Alltag in der Hochsaison enthält weitaus mehr Herausforderungen. Hier der Ablauf eines durchschnittlichen Tages - und zwar egal, ob Wochentag oder Wochenende, gearbeitet wird immer.

8.00 Der Wecker klingelt brutal früh. Ich ignoriere ihn, so gut ich kann. Meist sorgen aber die penetranten Hähne oder der Esel dafür, dass ich aus dem Schlaf gerissen werde.

8.28 Ich quäle mich aus dem Bett und stehe mindestens zehn Minuten in der Schlange vor dem Badezimmer. Das ist IMMER besetzt.

9.00 Offizieller Arbeitsbeginn. Pferde, Vogel, Katzen, Kaninchen, Schweine füttern und tränken. Versuchen, den nervigen (aber auch irgendwie süßen) Kindern aus der Ferienwohnung eine halbwegs sinnvolle Aufgabe zu beschaffen.

10.00 Der erste Ritt beginnt mit dem Versuch, den Menschen ein passendes Pferd zuzuteilen. Gar nicht so einfach, zumal es oft an gewissen Sprachbarrieren scheitert. Manchmal scheitert die Planung auch an den Pferden selbst, die sich nicht einfangen lassen wollen.

10.45 Nach dem Putzen, Satteln, Trensen, Nachgurten und mindestens zwei Klagen, dass der Sattelgurt nicht passt, geht es los.

10.48 Mit ganz viel Pech braust der Sommerbus am Trupp vorbei, die Pferde erschrecken sich und versuchen, nach Hause zu rennen.

13.45 Nach dem Drei-Stunden-Ritt kommen alle komplett nass wieder am Hof an - entweder dank der Sommerhitze durchgeschwitzt oder von einem Regenschauer durchnässt.

14.00 Nach dem Absatteln, Abtrensen und Hufe auskratzen sind endlich alle wieder auf der Weide. Die Hoffnung auf eine Mittagspause schwindet, weil eine Armada von kleinen Kinder ponyreiten will. Das Shetty muss also ran, die Kinder stellen Fragen über Fragen.

15.00 Die Reitschülerin taucht auf, eine halbe Stunde Unterricht auf dem Platz folgt.

15.50 Die nächsten Reiter für die Tour um 16 Uhr kreuzen auf, das Spiel mit dem Pferde verteilen, holen und fertigmachen beginnt von neuem.

18.30 Mit Glück war es nur eine kurze Tour und nach 1,5 Stunden Strandritt kommen wir wieder auf dem Hof an. Weil der Hund so erbarmungswürdig an seiner Kette jault, schwinge ich mich aufs Rad und drehe mit ihm eine Runde durch die Dünen.

19.15 Pferde füttern und Wassertröge auffüllen. Mit ganz viel Pech erscheint mitten in der Arbeit die Chefin und befiehlt eine Fahrt zur Weide, wo irgendeinem Fohlen die Hufe geschnitten werden müssen. Oder Wurmkuren verabreicht, was auch ein paar Stunden dauern kann. Oder ein Pferd muss in den Hänger geladen werden - irgendwas ist ja immer. Das Abendessen folgt irgendwann anschließend.

0.00 Nach einer belebenden Dusche sinke ich ins Bett und frage mich, wie um alles in der Welt ich jetzt noch die Kraft aufbringen soll, meinen Blog zu schreiben.

Samstag, 6. August 2011

Foto-Heu-Story


Meine liebe Freundin A. aus B. an der W. hat mir gebeichtet, dass sie in meinem Blog nur die Fotos anguckt. Meine Texte interessieren sie offenbar überhaupt nicht. Ein solches Geständnis ausgerechnet aus dem Mund einer Journalistin - aber na gut, sie arbeitet beim Radio.

Also nun A. zuliebe die Geschichte vom Heu in bunten Bildern:

Es waren im Norden Dänemarks einmal viele Isländer, die sich trotz ihrer satten Sommerweiden schon auf das knusprige Heu im Herbst freuten (v.l.): Gauti, Wikles, Bersi, Tritla, Blesi, Venja und Scolli mit Menschlein Hanna.



Da trug es sich praktischerweise zu, dass ein befreundeter Bauer begann, auf seinen Wiesen das Gras zu mähen, um es zu Heu zu verarbeiten. (Dieser Atombusen gehört einer dänischen Dame, deren Identität ich hier nicht lüften möchte)
Nach dem Mähen musste das Heu mehrfach gewendet werden, um zu trocknen. Ein einziger Regenschauer hätte die gesamte Ernte zunichte gemacht.


Aber das Glück war dem Bauern hold: Über dem Himmel von Tversted zog kein einziges Wölkchen herauf, als er mit seinem Traktor über das lose Gras hinweg fuhr und so Halm für Halm in die Ballen-Press-Maschine (die sicher auch eine offizielle, mir leider unbekannte Bezeichnung trägt) einzog.


Diese praktische Maschine presste das Gras mit lautem Rattern in Sekundenschnelle zu perfekten Ballen, die sich nach mehrminütiger Fahrt im Anhänger auftürmten.

Dieser Anhänger lässt sich öffnen, die Heuballen purzeln heraus...


...und möglichst viele fleißige Helfer verladen die Heuballen auf dem LKW - eine schweißtreibende Arbeit bei sengender Hitze. Lange Kleidung ist dabei übrigens sehr zu empfehlen, vor allem ohne tiefen Ausschnitt. Denn was man abends darin an Heu vorfindet, würde für einen weiteren Ballen ausreichen.

Mittwoch, 3. August 2011

Schöne Überraschung

Welch erfreuliche Überraschung. Ich stolpere morgens über eine taufeuchte Weide, in der Erwartung, nichts Spannendes als leere Wassereimer vorzufinden. Das Gras ist hoch, die Sonne knallt, die Brennesseln beißen sogar durch meine Reithose hindurch. Ich bin ohnehin kein Morgenmensch.

Da fällt mein müder Blick auf ein ekelhaftes blutiges Gebilde am Boden. Daneben: ein fast schwarzes Fohlen neben seiner weißen Mutterstute - von der keiner gewusst hatte, dass sie überhaupt tragend war! (Ich bitte von Rückschlüssen auf das Hofmanagement abzusehen.)

Das Überaschungsfohlen mit seiner Mama, offenbar kurze Zeit nach der Geburt

Das blutige Zeug auf dem Boden war anscheinend die Plazenta oder wie das heißt. Das Fohlen lag ungünstigerweise halb unter dem Elektrozaun, so dass jeder Aufstehversuch schmerzhaft geendet hätte. Seine erste Begegnung mit einem Menschen (mir) war also handgreiflicher Natur: Ich musste ihn packen und komplett auf die Weide ziehen. Er hat es mir nicht weiter übel genommen.

Jeder Aufstehversuch des Fohlens endete zunächst mit Beinsalat.

Zum Glück wird mein Chef auch gern handgreiflich und konnte den Kleinen nicht nur zum Aufstehen, sondern auch zum Trinken bringen. Ein Flaschenkind pro Saison ist genug!

Muttermilch und Kraftfutter: Fohlen und Stute lassen es sich gemeinsam schmecken.